ESSKI Migration-Evaluation
ESSKI für Familien mit Migrationshintergrund – Umsetzung und Evaluation (2010-2011)
Im Projekt «ESSKI Migration» (2009-2010) wurden Empfehlungen
(7 Motivatoren) formuliert, um die Zielgruppe «Familien mit
Migrationshintergrund» besser erreichen und für die Teilnahme an ESSKI
gewinnen zu können. Im darauf folgenden Projekt «ESSKI Migration
Evaluation» (2010-2011) wurden die 7 Motivatoren an der Schule Volta (BS) umgesetzt
und deren praktischen Realisierung und Qualität untersucht. In der Phase der
Evaluation wurde zudem eine Umfrage zu den Motivatoren bei den Eltern
durchgeführt.
Die zentralen
Fragen lauteten:
- Wurden
die sieben Motivatoren zur besseren Erreichung von Eltern mit Migrationshintergrund
umgesetzt?
- Konnte
die Teilnahmerate der Eltern mit Migrationshintergrund erhöht werden und
wie relevant waren die Motivatoren
dabei?
Umsetzung
ESSKI wurde an den Klassen 1 bis 4
(n=155; 86% Migrationshintergrund), unter Berücksichtigung der Motivatoren,
umgesetzt, die Elterndaten standen für die Analyse zur Verfügung und eine kurze
Befragung bezüglich der Motivatoren wurde bei den Eltern durchgeführt.
a) Betreffend
ESSKI Elterntreffen wurde der
Schulleitung empfohlen, folgende Motivatoren zu berücksichtigen:
- Keine
problemlastigen Informationen am Elterntreffen. Der Film am ESSKI-Elterntreffen
zeigt die Kinder bei einer erfolgreichen Aktivität.
- Aufzeigen
des Gewinns der Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus: „Eltern, können zum
schulischen Erfolg bzw. zu der positiven
Entwicklung ihrer Kinder beitragen“.
- Das ESSKI-Elterntreffen
ist ein Anlass echter Elternpartizipation und das Setting berücksichtigt die
Bedürfnisse der Eltern.
b) Betreffend
Zielgruppenerreichung mittels
Schlüsselpersonen wurde empfohlen, folgende Motivatoren umzusetzen:
- Werbung
passiert über Bezugs- oder Schlüsselpersonen; diese sind am ESSKI-Elterntreffen
anwesend.
- Schlüsselpersonen
sind wichtig. In der Steuergruppe ist die Vertretung von Elternschaft und
interkulturellen Vermittelnden von Anfang an sicher zu stellen.
c) Bezogen
auf die Schule und Schulkultur der
Schule Volta werden Begegnungsorte zwischen Eltern und Lehrkräften für den
informellen Austausch angestrebt:
- Eine
offene Haltung der Schule gegenüber Menschen mit unterschiedlicher familiärer
Herkunft zeigt allen Beteiligten, dass alle willkommen sind und dass
Partizipation erwünscht ist.
- Die
Schule stellt informelle Orte zur Verfügung, an denen sich Eltern (und
Lehrpersonen) begegnen können, (z.B. Eltern-Café in Schule Volta).
d) Berücksichtigung von strukturellen Faktoren
bei Eltern und Lehrpersonen
- Strukturelle
Faktoren bei Eltern (tiefer sozioökonomischer Status, passiv-rezeptive
Bildungserfahrung, tiefes Bildungsniveau, fehlende Kinderbetreuung, zeitliche
Kapazitäten etc.) und strukturelle Faktoren bei Lehrpersonen (Motivatoren für
Lehrpersonen, damit sie auf den beziehungsgeleiteten Ansatz einsteigen,
transkulturelle Öffnung der Schule, mehrdimensionaler Ansatz in Zusammenarbeit
mit der Familienbildung in den Vereinen/Communities) sollen – wenn möglich –
berücksichtigt werden.
Ergebnisse
- Die Teilnahmerate konnte signifikant von 26% auf 49% gesteigert werden.
- Die Motivatoren wurden nur teilweise umgesetzt, die Umsetzung von strukturellen Faktoren fehlte.
- Die Umfrage ergab, dass Personen mit hohen Werten bei der Vermeidung signifikant seltener ein ESSKI-Elterntreffen besuchen und seltener an einem Elternbildungsangebot teilnehmen.
Diskussion
In der neuen Durchführung konnte mit 48.7% eine deutlich höhere
Teilnahmerate an den Angeboten erzielt werden als im Vorjahr mit 26%, dies ist
als Hinweis auf die Bedeutsamkeit der in Phase 3 implementierten Motivatoren zu
interpretieren.
Aus den Ergebnissen der Umfrage geht hervor, wie wichtig es zwar ist,
dass die Schule Motivatoren (Annäherungsziele) umsetzt, gleichzeitig aber klare
Ängste (Barrieren) bei den Eltern bestehen, die eine grosse Rolle spielen.
Anders gesagt: Ängste und Überzeugungen – z.B. dass die Eltern erfahren würden,
sie könnten ihrem Kind nicht helfen oder die Angst, als Eltern kritisiert zu
werden – stehen in Zusammenhang mit der mangelhaften Erreichbarkeit der Eltern.
Was bedeuten nun die Ergebnisse, bezogen auf die Zusammenarbeit
zwischen Schule und Elternhaus, bei Familien mit Migrationshintergrund?
- Die Motivatoren enthalten wichtige Empfehlungen
für die Zusammenarbeit der Schule mit dem Elternhaus
- Eltern, bei denen sehr grosse Barrieren (frühere
Diskriminierungserfahrungen, die Angst, ihrem Kind nicht helfen zu können, der
fehlende Bezug zur Schule) im Vordergrund stehen, werden durch Netzwerkbildung zur Teilnahme gewonnen
- Lehrpersonen als zentrale Schlüsselpersonen
werden motiviert, auf den beziehungsgeleiteten Ansatz einzusteigen
- Insbesondere werden bei der Zusammenarbeit die
Ausgangsbedingungen zugewanderter Eltern mit berücksichtigt, indem die jeweils
individuelle Biografie und Lebensgeschichte der Eltern in den Blick genommen
wird und verallgemeinernde Zuschreibungen vermieden werden
- Strukturelle
Faktoren und Faktoren, die die Lehrpersonen
stärken sind zentral
- Elternanlässe werden professionell geplant,
koordiniert und moderiert
- Kompetenzen und Ressourcen der Eltern werden mit einbezogen
„Nicht die Eltern mit Migrationshintergrund sind das Problem, nicht die Lehrpersonen sind das Problem, sondern die Barrieren, die sowohl faktisch als auch gefühlt zwischen den Gruppen stehen.“
Altan et al., 2009
Literatur
Altan, M., Foitzik, A., & Goltz, J. (2009). Eine Frage der
Haltung – Eltern(bildungs)arbeit in der Migrationsgesellschaft. Stuttgart:
Aktion Jugendschutz Baden-Württemberg.
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